
Am 14. Januar 2020 spricht
Dr. Armin Bergmeier
zum Thema
Stilsichere Fälschungen: Spätantike Pseudo-Spolien im Venedig des 13. Jahrhunderts
Der Vortrag untersucht eine Reihe skulpturaler Werke, die auf den ersten Blick spätantik aussehen, bei denen die Datierungsvorschläge bisher aber mehr als 700 Jahre auseinanderliegen. Diese Arbeiten, die sich vor allem in und um die Basilica di San Marco befinden, hatte die Forschung der Mitte des 20. Jahrhunderts noch teilweise als venezianische Produkte de 13. Jahrhunderts erkannt. Seit den 1980er Jahren jedoch haben sie vor allem deutsche und italienische Forscher sukzessive in die Spätantike (4.–6. Jahrhundert) datiert. Dieser Vortrag wendet sich gegen diese jüngere Datierungstradition. Er zeigt, dass es sich um hochmittelalterliche Arbeiten handelt, die lediglich den Stil der Spätantike zitieren, in dem die Belange der Zeit zum Ausdruck gebracht wurden. Diese Erkenntnis führt uns im Weiteren dazu, dass wir unsere Vorstellung von der mittelalterlichen venezianischen Skulptur ändern müssen. Wenn die untersuchten Werke Spezialanfertigungen vor Ort für die jeweiligen Gebäude waren, ist unser Narrativ, dass das Venedig des 13. Jahrhunderts das Ergebnis von Kulturraub, Plünderungen und einer wahllosen Zurschaustellung von Kriegstrophäen aus dem 4. Kreuzzug ist, nicht mehr zu halten.
Der Vortrag beginnt um 19 Uhr c.t. und findet im Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke, Katharina-von-Bora-Straße 10 Raum 204-206 statt.
Dr. Armin Bergmeier ist seit April 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kunstgeschichte der Universität Leipzig. Promoviert wurde er am Institut für Byzantinistik, Byzantinische Kunstgeschichte und Neogräzistik der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Thema „Visionserwartung. Die Visualisierung und die Zeitlichkeit von Theophanien in der Spätantike “ (veröffentlicht 2017 im Reichert Verlag). Seine Forschungsinteressen liegen u. a. in den Beziehungen zwischen Kunst und Sakralität.